Die waldreichen Gebirge der Pyhrn-Priel Region, insbesondere das Sengsengebirge, beherbergten stets allerlei Wild. Das zog sowohl Jäger, als auch Wilderer an.
Früher war die Jagd ein Privileg, das nur dem Adel zustand - ein Gesetz, das von den Untertanen als ungerecht empfunden wurde. Dazu kamen vermehrt Wildschäden, die die Existenz der Bauern bedrohten. All jene, die in Armut lebten und unter dem Wildschaden zu leiden hatten, sahen es als ihr Recht an, dem noblen Jagdherrn den Hirsch, das Reh oder die Gams wegzuschießen.
Besonders nach den Weltkriegen nahmen viele Kriegsveteranen ihre Waffe mit nach Hause, gingen damit vom Hunger getrieben in den Wald und versorgten sich und ihre Familie mit Fleisch. Eine Reihe an schweren Zusammenstößen zwischen Wilderern und Jägern war die Folge.
Ausgehend von diesem Urtyp des Wilderers, der sich und seine Familie ernähren musste, entwickelte sich bald eine „Kultur der Wilderer“. Das Wildern galt als Beweis für Mut und die Liebe zum Abenteuer. Junge Burschen wollten damit Unerschrockenheit, Verwegenheit, Kraft und Mut zur Auflehnung gegen die Obrigkeit beweisen. Zur damaligen Armut der Bergbauern, der sogenannten „Leidenschaft“ an der Jagd und dem Ärger über die Herrschaft kam auch noch die Freude am Gamsbart und der Lederhose, die jemanden symbolisch zum Wilderer werden ließ.
„Der Wilderer hatte früher ein hohes Ansehen genossen, weil er ein Abenteurer war, der „sich etwas traute“',
so ein Jäger gegenüber dem Soziologen Dr. Roland Girtler. Vor allem in den Gebirgsdörfern herrschte Sympathie für die Wilderer. Sie genossen den Ruhm eines abenteuerlichen, mutigen Gesetzbrechers und galten als „Helden der kleinen Leute“. Man feierte sie als soziale Rebellen; als Helden nach Art eines Robin Hood, die sich das Recht holten, welches die „hohen Herren“ dem „kleinen Mann“ genommen hatten.
Auch die Sennerinnen mochten die Wilderer. Sie boten ihnen Abwechslung und vertrieben ihnen die Zeit an stillen Abenden. Im Gegenzug dazu ermöglichten die Sennerinnen den Wilderern ein sicheres Unterkommen. Ihre Almhütten boten eine Art Basislager für deren Expeditionen in die Kare und Wälder.
In Liedern und Geschichten verherrlicht man die Wilderer von damals bis heute. Ihre Geschichten werden immer wieder erzählt und ihre Jagderfolge wie Siege gefeiert.
So rühmend die Geschichten, so streng die Strafen, mit denen ertappte Wilderer zu rechnen hatten. Gehörige Geld- und Freiheitsstrafen standen an der Tagesordnung. Nicht selten kamen auch Folterinstrumente zum Einsatz. Besonders häufig war es der hölzerne Esel. Damit öffentlich ausgestellt, wurde der Wilderer zum allgemeinen Gespött.
Im Laufe der Zeit kommen viele Erlässe und Gesetze, um der Wilderei entgegenzuwirken. Auch eine neue Jagdordnung wird festgelegt. So will man das Übel der Wilderei an der Wurzel bekämpfen.
Die bloße Lust am Töten von Wildtieren, wie sie heutzutage vorkommt, widerspricht dem Ehrgefühl der früheren Wilderer. Modernen Wilderern, die mit dem Autoscheinwerfer das Wild blenden, um es leicht schießen zu können, oder skrupellos Luchse im Nationalpark erlegen, geht es oft nur um die Trophäe. Sie sind mit den klassischen Wilderern von damals nicht zu vergleichen. Der „klassische“ Wilderer ist in seiner Beziehung zum Wild immer Waidmann und hebt sich so von Raubschützen, Schlingenlegern und Autowilderern ab.
1923 trafen nahe der Mayralm Wilderer auf eine Gruppe von Jägern und Polizisten. Bei einem Schußwechsel kamen der Jäger Vinzenz Hobel und der Wilddieb Johann Farnberger zu Tode.
Über den Tathergang und die Täter herrscht bis heute Unklarheit.
Du kannst auf historischen Wegen wandern und die Originalschauplätze besuchen ...